Außeninstandsetzung von Schloss Mainau mit Fassaden- und Dachsanierung

Schloss Mainau vor der Instandsetzung, Bildquelle: Insel Mainau/Achim Mende

Ausgangszustand: Ein kurzer Abriss zur Geschichte des Schlosses
Insgesamt 534 Jahre (1272 – 1806) war die Insel Mainau im Besitz des Deutschen Ordens. Statt Zierpflanzen prägten damals hauptsächlich Wein-, Gemüse-, Obst- und Ackerbau das Bild der Insel. Anfang des 18. Jahrhunderts setzten sich die Deutschordensherren ein Denkmal: Sie ließen von Baumeister Johann Caspar Bagnato zunächst eine Kirche im Barockstil errichten, St. Marien, die im Jahr 1739 eingeweiht wurde. Der Kirche folgte die Errichtung von Schloss Mainau. Bereits im Jahr 1746 konnte der fertige Bau, ein Massivgebäude mit hölzernem Dachstuhl, an Komtur Friedrich Freiherr von Baden übergeben werden.

Deutschordensschloss Mainau mit Weinbergen im Vordergrund, Bildquelle: Archiv Schloss Mainau

Architektonisch gesehen öffnet das Schloss hufeisenförmig die Arme der beiden Seitenflügel und umarmt den Ehrenhof. Die östliche Fassade mit dem Wappen des Deutschen Ordens ist dem See zugewandt. Das Gebäude ruht auf einem Sockel, über den sich drei Stockwerke erheben. Am Westgiebel zeugen die Wappen des Hochmeisters Clemens August von Bayern, des Landkomturs Philipp von Froberg und des Mainaukomturs Friedrich von Baden von der Entstehungsgeschichte des Schlosses. Im Mitteltrakt befindet sich mit dem Weißen Saal der ehemalige Audienzsaal des Deutschen Ordens. Im Jahr 2003 wurde die Mainau als Gesamtensemble unter Denkmalschutz gestellt und ein Teil der Insel als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ in das Denkmalbuch eingetragen, darunter auch Schloss Mainau und die Kirche St. Marien.

Auftauchende Problematik
Seit einigen Jahren bildeten sich in Decken und Wänden von Schloss Mainau Risse, deren Ursprung zunächst nicht vollständig geklärt werden konnte. Ein Wasserschaden in 2014 gab den Anlass für eine noch tiefergehende Untersuchung und schließlich Gewissheit über die Ursache.

Stuckdecke mit Wasserschaden, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau

Eine in den späten 1950er Jahren durchgeführte Substanzerhaltungsmaßnahme zeigte schwerwiegende Folgen: Für den Bau des Dachstuhls in den 1740-er Jahren war in der Region verfügbares Nadelholz verwendet worden. In den 1950-er Jahren wurde festgestellt, dass dieses Holz stark geschädigt war und das daran befestigte Traufgesims abschnittweise abzustürzen drohte. Um das zu verhindern, wurde ein Betongürtel an den äußeren Bereichen des Dachstuhls angebracht, in den zur Stabilisierung auch die Dachbalkenverbindung eingegossen wurde. An diesem Betongürtel wurde das Dachgesims verschraubt und konnte so vor dem Herabstürzen bewahrt werden.

In der Untersuchung im Jahr 2014 musste jedoch festgestellt werden, dass das feuchte Klima an der Nahtstelle von Holzbalken und Betongürtel dazu geführt hatte, dass sich der Hausschwamm ausbreiten konnte. Dieser zersetzte in den vergangenen rund 50 Jahren die Dachbalken soweit, dass diese teilweise bis zu 60 cm verkürzt wurden.

In der Folge setzte sich der Dachstuhl auf die in den Decken verlaufenden Deckenbalken und verursachte von oben nach unten verlaufende Risse in den Decken und Wänden des Schlosses. Das weit auskragende Traufgesims drohte in Teilen abzustürzen und die Statik der Decken war gefährdet. Daher bestand akuter Handlungsbedarf, um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen.

Als wesentliche Maßnahme bestand die Notwendigkeit, den Betongürtel zu entfernen, die Statik des Dachstuhls durch Ergänzung der Dach- und Deckenbalken wiederherzustellen und das Gesims neu zu befestigen. Das Konzept hierzu wurde unter Einbezug des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg erstellt. Eine Musterachse wurde fertiggestellt. Auf Basis dieser wurde die Durchführung an allen Balken genehmigt. Die Maßnahmen wurden nach anfänglicher Kenntnis und Einschätzung auf 2,5 Mio. € beziffert. Da aber zu jenem Zeitpunkt nicht alle Balken des Schlosses untersucht werden konnten, war noch unklar, wie stark die einzelnen Balken geschädigt sind und ob es weitere Schadbilder gibt. Im Zuge der sukzessiven Schadbildaufnahme, kamen schließlich auch andere massive Schädigungen zum Vorschein, so dass neben der Sanierung des Traufgesimses zusätzliche Maßnahmen nötig wurden.

Mit der Planung und Umsetzung der umfassenden Sanierungsmaßnahmen wurden das Architekturbüro strebewerk. Architekten GmbH beauftragt, die gemeinsam mit dem Büro Konopatzki & Edelhäuser Architekten Beratende Ingenieure GmbH die ARGE Schloss Mainau bildeten, um diese große, über Jahre währende Aufgabe zu bewältigen. Finanziell unterstützt wird das anspruchsvolle Projekt von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), aus dem Denkmalförderprogramm des Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und durch die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz.

Hauptmaßnahme

Reparatur der Dachfußpunkte und der Dachstuhlkonstruktion
Der Dachstuhl von Schloss Mainau befindet sich größtenteils noch im bauzeitlichen Zustand aus dem 18. Jhd., allerdings mit Veränderungen in den Jahren um 1864 und den zur heutigen Problematik führenden Reparaturen in den 1950er Jahren. Im Bereich des Spitzbodens wurden kleinere Altschäden gefunden, die bereits in der Nachkriegszeit unter anderem mit Beihölzern repariert wurden. Im Fußbereich des Traufgesims wurden große Teile der Mauerlatten durch einen Stahlbetongurt ersetzt. Dadurch trat im Lauf der Jahre ein massiver Hausschwamm- und Fäulnisbefall auf, mit dem Ergebnis, dass die Balkenköpfe stark geschädigt wurden und teilweise Verkürzungen bis zu 60 cm aufweisen. Als weiteres Schadbild kommt hinzu, dass der Dachstuhl in den 1950er Jahren mit der heute verbotenen Holzschutzlasur Avenarol behandelt und dadurch kontaminiert wurde.

Seit dem Jahr 2016 werden die Balkenköpfe an den Dachfußpunkten im Bereich der Traufe sukzessiv auf Basis der Musterachse wieder instandgesetzt. Die vom Hausschwamm befallenen Balken werden zurückgeschnitten, behandelt und mit neuen Prothesen versehen werden. Eine neue Dämmung sorgt neben weiteren Maßnahmen dafür, dass die kritischen Traufpunkte im beheizten Bereich liegen, eine dauerhafte Luftumspülung der Balken verhindert einen erneuten Befall. Durch die Baumaßnahmen entsteht hinter den Ziegeln eine Lüftungsebene, die in den nicht ausgebauten und offenbleibenden Spitzboden dauerhaft entlüftet und somit auch der Kontaminierung der Dachbalken mit Holzschutzmitteln aus den1950er Jahren entgegenwirkt.

Ergänzend wurden die zugänglichen Bereiche im Spitzboden überprüft und wenn nötig instandgesetzt. Reparaturen aus den 1950er Jahren sollen dabei nach Möglichkeit erhalten bleiben, sofern sie nicht schadensursächlich sind und aus statischen oder konstruktiven Gründen getauscht werden müssen.

Falsche Sanierungsmaßnahme in den 50er Jahren, Einbetonieren des Sparrenfußpunktes, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau
Entfernung Betongurt, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau
Freigelegter mit Hausschwamm befallener Dachbalken, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau
Freigelegter mit Hausschwamm befallener Dachbalken, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau
Instandgesetzte und stabilisierte Dachbalken-Endpunkte im freigelegten Traufgebälk, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau

Weiterer Schadbilder

Schäden der Dacheindeckung
Die Dacheindeckung von Schloss Mainau weist zwei Entstehungsphasen auf. Die zum Hof gerichteten Dachflächen wurden 1985/86 erneuert. Auf den nach außen gerichteten Flächen, also die Nordseite des Nordflügels, die Südseite des Südflügels und die Ostseite des Mittelflügels, befinden sich ältere Dachziegel, vermutlich aus den 1960er Jahren. Die Dachziegel weisen große Zerfallserscheinungen an Oberkanten und Nasen auf. Die Ziegelnasen sind teilweise vollständig abgewittert, wodurch die Ziegel bereits vereinzelt herunterrutschen und herunterzufallen drohen.

Orientierend am bauzeitlichen Zustand wird das Dach mit geeigneten Biberschwanzziegeln (Fabrikat: Creaton Denkmalbiber Korbbogenschnitt) im Farbton „naturrot gebürstet“ neu eingedeckt und mit Lüfterziegeln bemustert. Firste und Grate werden in grauem Kalkmörtel eingespeist. Eine Lüftungsebene wird über der Dachfläche hergestellt. Zusätzlich wird der Blitzschutz erneuert.

Ursprünglicher Zustand der Dacheindeckung, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau

Schornsteine
Die auf dem Dach von Schloss Mainau befindlichen Schornsteine stammen größtenteils noch aus der Bauzeit. Sie weisen leichte Rückwitterungen auf, ihr genauer Zustand wird mit dem jeweiligen Bauabschnitt überprüft. Als Instandsetzungsarbeiten sind Putzreparaturen und die Kontrolle und Wartung der Blechabdeckungen angedacht.

Gauben
Frühe historische Aufnahmen zeigen noch keine Gauben auf dem Dach von Schloss Mainau. Lediglich die barocken Zwerchhäuser sind vorhanden. Die kleinen Walm- und Schleppgauben sind erstmals auf Abbildungen aus den 1950er Jahren zu erkennen, so dass davon auszugehen ist, dass diese wahrscheinlich Ende der 1940er Jahre, spätestens Anfang der 1950er Jahren errichtet wurden. Der Fensterbestand der hofseitigen Gauben ist den 1950er Jahren zuzuordnen. Die Fenster der Giebelgauben auf der Süd- und Ostseite wurden in den 1980er Jahren mit Isolierglasfenstern erneuert.

Schlossansicht aus den 30er Jahren, Walm- und Schleppgauben noch nicht vorhanden, Bildquelle: Archiv Schloss Mainau
Schlossansicht 50er Jahre, die neu hinzugekommen Gauben auf dem Dach des Südflügels sind gut erkennbar, Bildquelle: Archiv Schloss Mainau

Die für die Fenster der Gauben verwendeten Hölzer zeigen starke Zeichen von Verwitterung, einzelne zur Eindeckung verwendete Schindeln sind ebenfalls stark verwittert. Als Instandsetzungsmaßnahme werden die Gauben neu mit Fichtenschindeln eingedeckt. Die Anschlüsse zum Dach werde über Gratnocken hergestellt.

Neueindeckung des Daches und Instandsetzung Zwerchhaus, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau
Kaputte Blechabdeckungen Zwerchhaus, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau

Fassadenschäden - Schlusssteine in den Fensterstürzen
Sämtliche in den Fensterstürzen eingelassene Schlusssteine mit figürlichen Darstellungen sind mit mehrmaligen Schichten eines hochdispersen grauen Anstrichs versehen, der sehr rissig ist. Ursprünglich waren diese Schlusssteine im gleichen Rotton wie die Gewände gefasst. Bei den Rissen handelt es sich vorrangig um aufgegangene Lagerschichten des Molassesandsteines. Ein kleiner Teil der Steine sind bei einer früheren Instandsetzung in Beton nachgebildet worden. Die Gewände einschließlich Bänke sind in einem relativ guten Zustand, von Ausnahmen an einigen Fensterbänken abgesehen. Zur Instandsetzung sind Konservierungsarbeiten wie Festigungen, Injektionen, Rissverfüllungen und Antragungen mit geeigneter Steinersatzmasse vorgesehen.

Gerissener Schlussstein, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau

Fassadenschäden - Putz- und Stuckschäden außen
Der Putz im Sockelbereich von Schloss Mainau ist erneuert. Die Erneuerung an den Oberflächen der Außenfassaden fand in den 1960/70er Jahren und in den 1980er Jahren statt. Ursprünglich erhaltene Oberflächen aus der Bauzeit des Schlosses konnten bisher nicht gefunden werden. Die Beschichtungen sind teilweise rückgewittert und verschmutzt, die Sockelbereiche beschädigt. Die beschädigten Putzbereiche vor allem in der Sockelzone werden gereinigt und konserviert sowie partiell instandgesetzt.

Wappen in den Giebelfeldern
Schloss Mainau wird von zwei großen Wappen geziert. Zum einen das Vereinigungs-Wappen am Westgiebel des Schlosses der am Schlossbau beteiligten Deutschordensherren, des Hochmeisters Clemens August von Bayern, des Landkomturs Philipp von Froberg und des Mainaukomturs Friedrich von Baden. Der Ostgiebel zur Seeseite trägt das Wappen des Deutschen Ordens. Die Beschichtungen der Wappens sind rückgewittert und verschmutzt, die Sockelbereiche teilweise beschädigt. Zur partiellen Instandsetzung der beschädigten Bereiche sind Reinigungs- und Konservierungsarbeiten vorgesehen.

Wappen Schloss Mainau, Verschmutzung der Beschichtungen, Bildquelle: ARGE Schloss Mainau

Bauphasen
Der Restaurierungsprozess von Schloss Mainau gliedert sich nach der Freilegung der Musterachse in insgesamt fünf Bauabschnitte.

  • Bauabschnitt 1: Südflügel Schloss Mainau, vorderer Bereich
  • Bauabschnitt 2: Südflügel, hinterer Bereich
  • Bauabschnitt 3: gesamter Nordflügel
  • Bauabschnitt 4: Mitteltrakt, Westseite zum Innenhof und Ostseite zum See
  • Bauabschnitt 5: Südflügel zum Innenhof
Bauabschnitt 3 mit eingerüstetem Nordflügel, Bildquelle: Insel Mainau/Tobias Mayer

Unterstützer
Dank der finanziellen Unterstützung tragen die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), das Wirtschaftsministerium mit dem im Regierungspräsidium Stuttgart angesiedelten Landesamt für Denkmalpflege und die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz entscheidend dazu bei, das Kulturdenkmal Schloss Mainau dauerhaft zu erhalten. Der Prozess der Maßnahmen wurde im Jahr 2016 begonnen und wird voraussichtlich noch bis ins Jahr 2022 andauern.

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